In Memoriam - Albert Schinzel
Prof. Dr. med. Albert Schinzel, Emeritierter Professor für Medizinische Genetik
Verstorben am 12. September 2025 im Alter von 80 Jahren.
In Memoriam - Albert Schinzel 13.09.1944 - 12.09.2025
Mit tiefer Betroffenheit nehmen wir Abschied von Prof. em. Dr. med. Albert A.G.L. Schinzel, einem herausragenden Mediziner und Humangenetiker, dessen wissenschaftliches Lebenswerk und menschliches Wirken bleibende Spuren hinterlassen haben.
Albert Schinzel wurde in Wien geboren und studierte Medizin in Innsbruck, Wien und Berlin. Seine wissenschaftliche Laufbahn führte ihn über Stationen in Oulu (Finnland) und Seattle (USA) ans Institut für Medizinische Genetik der Universität Zürich. Unter der Leitung von Werner Schmid wurde er dort zunächst 1986 Extraordinarius bis 1996 die Berufung zum ordentlichen Professor und Direktor des Instituts folgte, welches er bis zu seiner Emeritierung Anfang 2009 leitete. Sein hohes akademisches Ansehen spiegelte sich in seiner Präsidentschaft nicht nur der Schweizer Gesellschaft für Medizinische Genetik, sondern auch der European Cytogeneticists Association und der European Society of Human Genetics wider.
Albert Schinzel war ein Pionier der medizinischen Genetik, der wesentlich zur Kenntnis über die klinischen Auswirkungen von Chromosomenstörungen beitrug. Sein daraus resultierender "Catalogue of Unbalanced Chromosome Aberrations in Man" Walter de Gruyter Verlag, 1983 (2. Auflage 2001), ist noch heute das fundamentale Nachschlagewerk auf diesem Gebiet. In den letzten Jahrzehnten erweiterte er seinen Fokus hin zu molekularen Aspekten: Er deckte «versteckte» Chromosomenstörungen wie Mikrodeletionen auf, identifizierte komplexe Fälle von «asymmetrischer» Chromosomenvererbung (uniparentale Disomie) und trug entscheidend zur Integration molekularer Zytogenetik in Diagnostik und Forschung bei. Sein tiefes Verständnis der genetischen Grundlagen von Fehlbildungen und Syndromen ermöglichte es, viele bislang rätselhafte klinische Befunde deutlicher einzuordnen. So tragen nicht weniger als fünf Krankheitsbilder seinen Namen. Besonders prägend war seine Identifizierung des Schinzel-Giedion-Syndroms, einer angeborenen Entwicklungsstörung mit charakteristischen Gesichts- und Skelettveränderungen, das er zusammen mit dem Züricher Kinderradiologen Andres Giedion erstmals beschrieb.
Darüber hinaus genoss er auch als Lehrer und Mentor hohes Ansehen. Unter anderem prägte er bis zuletzt den jährlich in der Nähe seines eigenen kleinen Schlösschens in Südtirol stattfindenden Goldrain Course on Clinical Cytogenetics sowie später den Goldrain Course on Prenatal Genetic Diagnosis — wichtige Weiterbildungen, die klinische genetische Diagnostik, Zytogenetik und molekulare Verfahren zusammenführten. Ein wichtiges Anliegen war ihm aber auch ein breites Allgemeinwissen und als echter Universalgelehrter beeindruckte er mit seinen enzyklopädischen Kenntnissen auf vielen Gebieten. Aus seinen zahlreichen Schülern gingen auch neue Lehrstuhlinhaber hervor, namentlich Prof. Dr. med. Johannes Lemke, Humangenetik der Universität Leipzig, und Prof. Dr. med. Nataliya Di Donato, Humangenetik Medizinische Hochschule Hannover.
Wir verlieren mit Albert Schinzel einen Vordenker, Lehrer und Wegbereiter. Sein Einfluss lebt fort – in den wissenschaftlichen Publikationen, seinen Schülern, in den Kliniken, in den Leben derer, denen durch sein Wirken geholfen wurde – und in den Herzen derer, die ihn kannten und schätzten.
Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen Freunden. Möge sein Andenken eine Quelle der Inspiration sein — für hohe wissenschaftliche Qualität, für leidenschaftliche Medizin und für Hingabe zur Lehre und Forschung.
AR~BK